Die nationalsozialistische Verfolgung der als Rassezigeuner und Zigeuner-Mischlinge
kategorisierten Menschen im Protektorat
Böhmen und Mähren
betraf die meisten der dort lebenden Roma und Sinti. Die Protektoratsregierung übernahm nach und nach
alle gegen Zigeuner
gerichteten Bestimmungen, die im nationalsozialistischen Deutschland während der 1930er Jahre eingeführt
worden waren. Roma und Sinti wurden zur Ansiedlung gezwungen und unter ständige polizeiliche Überwachung gestellt. Ab Mitte
1942 verfolgten die Nationalsozialisten auch im „Protektorat“ eine offen rassistische Politik. Im Sommer 1942 wurde das
Dekret zur Bekämpfung des so genannten Zigeunerunwesens
erlassen und eine Erfassung der Zigeuner und Zigeunermischlinge
durchgeführt,
die später die Grundlage für die Internierung von etwa einem Drittel der als Zigeuner
gelabelten Personen in den neu geschaffenen
Zigeunerlagern
in Lety u Písku und Hodonín u Kunštátu bildete. Während der Existenz dieser Lager vom Sommer 1942 bis
zum Sommer 1943 wurden dort etwa 2.700 Männer, Frauen und Kinder gefangen gehalten. Fast 540 von ihnen starben dort aufgrund
katastrophaler Lebensbedingungen.
Mit dem sogenannten Auschwitz-Erlass
des SS-Führers Heinrich Himmler vom Dezember 1942, der die Inhaftierung im Konzentrations-
und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenaufor aller Zigeuner und Zigeunerhälften
aus dem Reich und den ihm unterstellten Gebieten
anordnete, wurden alle anderen von den Nazis diskutierten Pläne für eine Zukunft der Roma und Sinti hinfällig. Im März
1943 wurden 4.500 als Rassezigeuner und Zigeuner-Mischlinge
kategorisierte Menschen in mehreren Massentransporten in das Zigeunerlager
in Auschwitz-Birkenau deportiert, wo die meisten von ihnen umkamen. Gemeinsam mit den zuvor Deportierten waren es ingesamt
mehr als 5.000 als Zigeuner
gelabelte Roma, Sinti und andere Menschen aus dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik,
die im Rahmen der nationalsozialistischen Verfolgung von Zigeunern
ermordet wurden.
Die Verfolgung der Zigeuner
im Protektorat
wurde von den örtlichen Behörden durchgeführt, war aber dennoch ein wesentlicher
Bestandteil der vom Reich aus organisierten Endlösung der Zigeunerfrage
. Eine größere Anzahl tschechischer Bürger, die
Positionen auf verschiedenen Ebenen bekleideten, beteiligte sich in unterschiedlicher Intensität und in unterschiedlichem
Ausmaß. Die tschechische Mehrheitsgesellschaft mit ihren tief verwurzelten Vorurteilen und Stereotypen gegenüber Roma und
Sinti trägt somit ihren Teil der Verantwortung für die begangenen Verbrechen.