Im Jahr 1942 näherte sich die sogenannte „Zigeunerfrage“ ihrer „Endlösung“. Im Herbst 1942 wurde auf einer Besprechung Heinrich Himmlers als Chef der SS und dem Reichsjustizminister Otto Thierack die Notwendigkeit „der Übergabe asozialer Elemente zur Verbüßung ihrer Strafe an den Reichsführer SS zur Vernichtung durch Arbeit“ festgestellt.
Die Schlussphase für die Roma leitete der Erlass H. Himmlers vom 16. Dezember 1942 über die Deportation der Roma in das Konzentrationslager Auschwitz II – Birkenau ein. Der Erlass ordnete die Internierung im Konzentrationslager Auschwitz II – Birkenau für alle Zigeuner, Zigeunermischlinge und deutsche Angehörige balkanischer Zigeunergruppen an. Die gesamte Aktion bezog sich auf „reinblütige“ Sinti (deutsche Roma) und Lallery. Nicht in Konzentrationslager eingewiesen werden sollten Roma, die mit Angehörigen des deutschen Volkes verheiratet waren und solche Roma, die eine dauernde Anstellung hatten und sesshaft lebten. Diese Roma, die in Freiheit lebten, sollten sich einer Zwangssterilisierung unterziehen.
Himmlers Erlass wurde am 29. Januar 1943 durch Durchführungsvorschriften ergänzt, die das Reichssicherheitshauptamt in Form
eines Schnellbriefes verbreitete. Die Deportationsanordnung betraf das Großdeutsche Reich, das „Protektorat“, Belgien,
die Niederlande und Luxemburg. Die gesamte Roma-Bevölkerung dieser Länder sollte im Konzentrationslager Auschwitz II –
Birkenau konzentriert werden.
Die Deportationen der Roma aus dem „Protektorat“ lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Einerseits wurden diejenigen
Roma deportiert, die bislang in Freiheit gelebt hatten, andererseits die Häftlinge der „Zigeunerlager“ im Protektorat.
Die ursprüngliche Absicht bestand offensichtlich darin, zunächst die Häftlinge der „Zigeunerlager“ zu deportieren.
Die in beiden Lagern ausbrechende Typhusepidemie führte zu einer Änderung dieser Pläne. Zuerst sollten so die Roma, die
bislang in Freiheit lebten, deportiert werden.
Es handelte sich um Roma, die bei der Erfassung Anfang August 1942 mit der polizeilichen Auflage, sich nicht ohne besondere Erlaubnis von ihrem Wohnort zu entfernen, entlassen worden waren. Von März 1943 an begannen die Transporte aus dem „Protektorat“. Die letzten Deportationen erfolgten zum Jahresbeginn 1944.
Roma aus der Gemeinde Bohusoudov (Kreis Jihlava) warten auf ihre Deportation in das Konzentrationslager Auschwitz II - Birkenau, 1943. (Foto: Muzeum romské kultury.)
Die Zusammenstellung der Transporte erledigte die deutsche Kriminalpolizei. Für die Durchführung waren dann die Kriminalpolizei des Protektorats und die Gendarmerie zuständig. In vielen Städten mit Anbindung an die Eisenbahn wurden Roma-Männer, Frauen und Kinder einige Tage lang versammelt. In zu diesem Zweck beschlagnahmten Schulen, Gaststätten und weiteren Objekten verbrachten die Roma-Familien bereits die Tage vor ihrer Deportation. Das letzte Wort über die Einreihung in den Transport hatte die Kriminalpolizei. Individuen mit hellerer Haut hatten so größere Hoffnung auf eine Herausnahme aus einem Transport. Viele machten von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch, sondern verlangten, mit ihren Familien zu fahren. Der Familienzusammenhalt war stärker als die Drohung der Inhaftierung.
Auf die Zusammenstellung der Transporte folgte die Fahrt in Güterwaggons ohne Essen und Trinken bis zu den Toren des Konzentrationslagers Auschwitz II – Birkenau. Bis Ostrava wurden die Transporte von der Protektoratsgendarmerie begleitet. An der Grenze übernahm die deutsche Polizei, die die Transporte bis nach Auschwitz begleitete.
Die zweite Phase der Deportation der Roma aus dem „Protektorat“ bildeten zwei Sammeltransporte aus den Lagern Lety u Písku und Hodonín u Kunštátu. Der Transport aus dem Lager Lety fand am 7. Mai 1943 statt, der aus dem Lager Hodonín am 22. August 1943. Nach der Abfertigung dieser beiden Transporte befanden sich im „Protektorat“ lediglich noch etwa 200 Roma in Freiheit, die mit Erlaubnis der Kriminalpolizei von den Deportationen ausgenommen worden waren. In der Zukunft sollten diese sich – ähnlich wie in Deutschland – einer Zwangssterilisation unterziehen.
Eine wichtige Rolle bei der Entscheidung über die Einreihung in einen Transport spielten in einigen Fällen auch die Kommunalverwaltungen. Ein Beispiel ist der Ort Hrubá Vrbka, wo sich die Gemeindevertretung für die Familie Kubík einsetzte und diese so vor der Deportation ins Konzentrationslager bewahrte. In Bezug auf die Zusammenstellung der Transporte gab es auch immer wieder Gerüchte über Bestechungen.
Während die Deportationen aus Böhmen im Verlauf des Frühjahres 1943 praktisch abgeschlossen wurden, war die Situation in Mähren eine Andere. Im April 1943 machte die deutsche Kriminalpolizei die Polizeidirektion Brünn auf die übergroße Zahl an Roma, die in Freiheit belassen wurden, aufmerksam. Die größte Zahl an Ausnahmen von der Deportation wurde in Zlín ausgesprochen, wo über 100 Personen eine solche Bescheinigung erhielten. Es wurde eine Überprüfung dieser Angelegenheit befohlen und die Mehrheit dieser Roma wurde in weitere Transporte eingereiht.
Aus den abgetrennten Grenzgebieten wurde ein größerer Transport am 19. März 1943 abgefertigt, weitere Roma aus dieser Gegend wurden gemeinsam mit deutschen und österreichischen Roma deportiert. Aus den tschechischen Ländern wurden auf diese Weise insgesamt mehr als 5500 Personen nach Auschwitz deportiert. In Auschwitz wurden diese im sogenannten „Zigeunerlager“ interniert. Nach dem Krieg kehrten nur etwa 500 der deportierten tschechischen Roma zurück. Durch die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“ verringerte sich die Roma-Bevölkerung in Böhmen und Mähren auf etwa 800 Personen.