Vor dem Zweiten Weltkrieg war Warschau mit seinen 375 000 jüdischen Bewohnern das zahlenmäßig zweitgrößte jüdische Zentrum weltweit nach New York. 29.1% der Warschauer Bevölkerung waren Jüdinnen und Juden. Nachdem die Deutsche Armee in Polen einmarschiert war, war Warschau am 28. September 1939 zur Kapitulation gezwungen und am darauffolgenden Tag von deutschen Truppen besetzt worden. Von diesem Augenblick an wurden Juden diskriminiert, auf offener Straße und in ihren Wohnungen und Läden angegriffen und mussten Zwangsarbeit verrichten. Fromme Juden, leicht erkennbar an ihrem traditionelle Erscheinungsbild, waren ein besonders leichtes Ziel. Ab November 1939 wurden mussten Jüdinnen und Juden sowie deren Geschäfte in der Öffentlichkeit eine spezielle Kennzeichnung tragen. So wurde es für die Betroffenen unmöglich, frei zu handeln. Sie wurden noch in vielen weiteren Bereichen diskriminiert.
Auf Anordnung der Besatzer hin war es den Warschauer Jüdinnen und Juden verboten, ihre Institutionen aus der Vorkriegszeit beizubehalten oder wieder aufzubauen. Anfang Oktober 1939 wurde ein „Judenrat“ unter der Leitung von Adam Czerniaków gebildet. Am 12. Oktober 1940, Jom Kippur, wurden die Warschauer Jüdinnen und Juden über die Einrichgtung eines Ghettos informiert. Es befand sich im nördlichen Teil der Stadt, im Zentrum des ehemaligen jüdischen Viertels. Mitte November wurde es durch den Bau einer hohen Mauer um seine Außengrenzen von seiner Umgebung isoliert. Die Gesamtheit der Warschauer Jüdinnen und Juden musste sich nun auf 2.4 % der Stadtfläche zusammenzwängen. Durch die Isolierung des Ghettos von der Außenwelt hatten Jüdinnen und Juden auch keinen Zugriff mehr auf ihr verbliebenes Eigentum. An die 2 000 Juden, die zu einem früheren Zeitpunkt den christlichen Glauben angenommen hatten, aber durch die Rassendefinition der Nazis als jüdisch galten, wurden ebenfalls ins Ghetto verfrachtet. Im Ghetto war es ihnen erlaubt, Gottesdienste in einer Kirche abzuhalten, wo sie ihren eigenen Priester „nicht-arischer“ Abstammung hatten.
Überfüllung, schlechte hygienische Bedingungen und ein ständiger Mangel an Essen und Brennstoff brachten eine hohe Sterblichkeit mit sich. Bis November 1940 hatte es bereits 445 Tote gegeben, bis Januar 1941 waren es 898, bis April 2 061, bis Juni 4 290 und bis August 5 560. Viele der Ghettobewohnerinnen und -bewohner besaßen rein gar nichts und verhungerten. Die Essensrationen im Ghetto beliefen sich auf 8 % der Rationen für die deutsche Bevölkerung und auf 25 % der Polnischen.
Am 22. Juli 1942 begannen die Deportationen von Jüdinnen und Juden aus dem Warschauer Ghetto in die Vernichtungslager. Am nächsten Tag beging Czerniaków Selbstmord, da er sich den Befehlen der Nazis nicht beugen wollte, die von ihm verlangten täglich 7 000 Jüdinnen und Juden, einschließlich der Kinder, an die Nazis zu übergeben. Das Zusammentreiben der Menschen vor den Deportationen war extrem brutal. Anfangs war die jüdische Polizei an den Deportationen beteiligt, später trieben die SS und ukrainische Helfer die Juden selbst bei den Ghettorazzien zusammen. Bis Ende 1942 verblieben nur ungefähr 60 000 Menschen im Ghetto. Das ursprüngliche Ghetto wurde in drei unzusammenhängende Bereiche aufgeteilt und in eine Art Arbeitslager umgewandelt.
Nach dem Beginn der Deportationen gründeten mehrere Widerstandsgruppen im Ghetto eine gemeinsame illegale Widerstandsorganisation: die „Jüdische Kampforganisation“ (Żidowska organizacja bojowa). Sie versuchten, die verbleibenden Ghettobewohnerinnen und -bewohner über das Schicksal der bereits deportierten Jüdinnen und Juden zu informieren. Sie trugen auch Waffen zusammen und bereiteten sich auf einen bewaffneten Kampf vor. Als am 18. Januar 1943 die Deportationen wieder aufgenommen wurden, weigerte sich Ghettobevölkerung, sich zu versammeln und unterstrichen ihre Weigerung, den Befehlen der Nazis zu gehorchen, mit Waffengewalt. Daraufhin unterbrachen die Nazis die Deportationen für einige Tage. Während dieser Zeit wurden „nur“ 5 000 bis 6 000 Jüdinnen und Juden deportiert. Im Ghetto brach eine Revolte gegen die erwartete endgültige Auflösung des Ghettos aus. Man suchte nach weiteren Waffen, erstelle einen Verteidigungsplan und baute Untergrundbunker. Fluchtpläne aus dem Ghetto hingegen entwarfen die Aufständischen nicht, denn sie gingen nicht davon aus, den Aufstand zu überleben. Er sollte ein letztes Zeichen jüdischen Protests sein, ein Signal für die gesamte freie Welt.
Mitglieder des jüdischen Widerstands, die während des Aufstandes im Warschauer Ghetto gefasst wurden, April-Mai 1943. (Foto: Nationalarchive, mit Genehmigung des USHMM Photo Archives.)
Als deutsche Truppen am 19. April 1943 mit der Zerstörung des Ghettos begannen, wurden sie mit einem unerwartet gut bewaffneten Widerstand konfrontiert. Straßenkämpfe brachen im Ghetto aus. Ein Haus nach dem anderen wurde angezündet und das Ghetto zerstört. Die Widerstandskämpfer und andere Jüdinnen und Juden versteckten sich in Untergrundbunkern, die die Nazis einen nach dem anderen zerstörten. Trotz nahrungs- und Waffenmangels gelang es den Aufständischen, mehrere Tage lang gegen die überlegenen deutschen Truppen zu bestehen. Erst am 16. Mai 1943 verkündete der Befehlshaber der Ghettozerstörung, Jürgen Stroop, das Ende der Operation. Als Zeichen der Vernichtung der Warschauer Juden ließ er die Große Synagoge Warschaus, die sich außerhalb des Ghettos befand, sprengen. In Wirklichkeit fanden jedoch noch immer Auseinandersetzungen in den Trümmern des Ghettos statt. Tatsächlich wurden zur Zeit des Warschauer Aufstandes im August 1944 noch Jüdinnen und Juden im Labyrinth der Untergrundbunker entdeckt. Die meisten der Entdeckten wurden auf der Stelle erschossen, andere in die Vernichtungslager deportiert.