Das Vernichtungslager in Sobibor wurde Anfang März 1942 in unmittelbarer Nähe des gleichnamigen Ortes und Bahnhofs im östlichen Teil der Region Lublin errichtet. Gemeinsam mit den Vernichtungslagern Treblinka und Bełżec war es Teil der „Operation Reinhard“. Unter der Leitung des Obersturmführers Richard Thomalla wurde es von lokalen Arbeiten und mehreren dutzend Juden aus den nahegelegenen Ghettos erbaut. Im April 1942 wurde Franz Stangl zum Lagerkommandanten erklärt und erhielt die Aufgabe, das Lager nach dem Vorbild Bełżec fertigzustellen.
Das Lager war nicht groß – es umfasste lediglich eine Fläche von 400 x 600 Meter. Das Areal war in drei Bereiche aufgeteilt. Es gab einen administrativen Teil (Lager I), einen Bahnsteig mit Platz für zwanzig Güterwagons und Unterbringungen für Deutsche und Ukrainer. Bei der „Rezeption“ (Lager II) mussten sich die Deportierten ausziehen, ihre Haare wurden geschoren und all ihre Wertgegenstände wurden ihnen abgenommen. Im dritten Bereich (Lager III) fand die Vernichtung in den Gaskammern statt, dort befanden sich auch die Massengräber sowie die Baracken zur Unterbringung jüdischen Häftlinge des „Sonderkommandos“.
Das Lagerpersonal bestand aus 20 bis 30 Deutschen und 90 bis 120 Ukrainern, die im Trawniki-Lager ausgebildet worden waren. Etwa 1 000 Häftlinge wurden aus den ankommenden Transporten ausgewählt, um verschiedene Zwangsarbeiten im Lager zu erledigen. Einige von ihnen arbeiteten in Werkstätten oder als Diener für das höherrangige Personal, während andere die Waggons reinigen und neue Häftlinge ihrer Kleider entledigen mussten. Zwischen 200 und 300 Häftlinge waren damit beschäftigt die Leichen aus den Gaskammern zu holen und zu beerdigen. Es gab auch eine spezielle Gruppe, deren Mitglieder die „Zahnzieher“ genannt wurden. Ihre Aufgabe bestand darin, die Münder der Opfer auf Goldzähne zu untersuchen und diese zu ziehen. In den Arbeitsgruppen fand fast täglich eine Selektion statt und die Schwachen oder Kranken wurden in den Gaskammern ermordet. Sie wurden dann durch gesunde und starke Häftlinge aus dem nächsten ankommenden Transport ersetzt.
Nachdem ein Transport im Lager angekommen war, wurde den Deportierten weisgemacht, dass sie sich in einem Durchgangslager befanden, wo sie desinfiziert werden müssten, bevor es weiter in ein Arbeitslager gehen würde. Sie mussten sich vollständig ausziehen und wurden dann in die „Duschen“ getrieben. Für die Kranken und jene, die nicht mehr alleine gehen konnten, wurden die Gleise bis vor die Gaskammern hin verlängert.
Die Gaskammern waren etwa 16 m2 groß und boten Platz für 160 bis 180 Leute. Sie wurden durch den Fronteingang betreten, es gab jedoch auch einen Hinterausgang, über den die Toten hinausgetragen wurden. Nach der Fertigstellung des Lagers und der Gaskammern wurden sie an 250 Juden – größtenteils Frauen aus dem nahegelegenen Lager Krychów – getestet.
Nach drei Monaten, Ende Juli 1942, kam man zu dem Schluss, dass die Kapazität der Gaskammern – sie fassten 600 Menschen – nicht ausreichte, und dass weitere Gebäude errichtet werden müssten. Bis September 1942, während drei neue Gaskammern zusätzlich zu den alten drei gebaut wurden, stellte man die Tätigkeit des Lagers ein. Die Kapazität wurde auf 1 200 Morde erhöht.
Im August wurde der Lagerkommandant, Franz Stangl, nach Treblinka versetzt. Er wurde von SS-Obersturmführer Franz Reichleitner, einem Kollegen aus dem Euthanasie-Programm, ersetzt.
Der Bahnhof bei Sobibór, 2002. (Foto: M. Stránský)
Seit der Lagereröffnung hatte es viele Fluchtversuche gegeben, aber nur wenige davon waren erfolgreich. Sobibor wurde noch schärfer bewacht als beispielsweise das Vernichtungslager Treblinka. Im Sommer 1943 wurden Minen um das Lager herum verlegt, die einerseits Fluchten verhindern, andererseits aber auch sowjetische Partisanen daran hindern sollten, sich dem Lager zu nähern. Auf jeden Fluchtversuch, egal ob erfolgreich oder nicht, folgte als Strafe eine Massenerschießung von Häftlingen des „Sonderkommandos“.
Mitte August 1943 wurde eine Untergrundorganisation unter der Führung des „Judenältesten“ der galizischen Stadt Zolkiev, Leon Feldhendler, gegründet. Die Gruppe, deren Mitglieder zumeist Werkstatt-Leiter waren, plante eine Massenflucht aus dem Lager. Später wurde ein russischer Jude, der Offizier Alexandr Pechersky, zum Kommandanten der Widerstandsgruppe ernannt. Man entwarf mehrere Pläne. Das Ziel bestand darin, die deutsche Belegschaft zu töten, ihre Waffen zu erbeuten und aus dem Lager zu fliehen. Zwei ukrainische Kapos schlossen sich der Gruppe an. Der Aufstand begann am 14. Oktober 1943 gegen vier Uhr nachmittags. In seinem Verlauf wurden 12 Deutsche, darunter der Lagerkommandant Franz Reichleitner, sowie mehrere Ukrainer getötet. Dreihundert Häftlinge entkamen, die meisten aber wurden auf der Flucht erschossen oder kamen im Minenfeld um. Diejenigen, die nicht flohen oder fliehen konnten, wurden ebenfalls erschossen. Viele Flüchtlinge wurden später von ukrainischen Suchtrupps gefasst und erschossen. Ungefähr 50 Häftlinge überlebten den Krieg. Viele von ihnen schlossen sich den sowjetischen Partisanen in der Gegend an.
Wachturm in Sobibór, der einzige Überrest des Vernichtungslagers, 2002. (Foto: M. Stránský)
Nach dem Aufstand beschlossen die Deutschen, das Lager zu schließen und einen Bauernhof auf dem Gebiet zu errichten, wie sie es auch in Treblinka und Belzec getan hatten.
Zu den in Sobibór Ermordeten zählten nicht nur Jüdinnen und Juden aus dem „Generalgouvernement“, sondern auch Jüdinnen und Juden aus der Slowakei, dem „Protektorat Böhmen und Mähren“, aus Deutschland, den Niederlanden und Frankreich. Die letzten Transporte nach Sobibór kamen aus den Ghettos in Vilnius, Minsk und Lida. Insgesamt wurden ca. 250 000 Menschen in Sobibor ermordet
Nach dem Krieg wurde gegen elf der SS-Offiziere, die im Lager gearbeitet hatten, Anklage erhoben und vom 6. September 1965 bis zum 20. Dezember 1966 standen sie in Den Haag vor Gericht. Franz Stangl wurde 1970 von einem Gericht in Düsseldorf zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Denkmal in Sobibór, 2002. (Foto: M. Stránský)
Heute gibt es ein kleines Museum und ein Denkmal auf dem ehemaligen Lagergelände.